Holzbrand

Prometheus – schon mal gehört? Der griechischen Sage nach stahl er das Feuer von den Göttern des Olymp und brachte es den Menschen. Alles Mögliche wird ihm nachgesagt: er habe den Menschen die Kultur gebracht, Technik möglich gemacht.  Fakt ist: die meisten von uns haben heute ein warmes Zuhause und die Möglichkeit, leckeres Essen zuzubereiten.

Der Töpfer wiederum kann seither mit dem Feuer seine Gefäße haltbar machen.

Von einfachen Erdlöchern über großartige asiatische Anagamaöfen bis hin zu uns bekannteren Salzöfen gab es in allen Kulturen Holz-geheizte Brennöfen.

Inzwischen stehen uns Gas-betriebene Brennöfen oder eine Vielzahl an elektrischen Brennöfen zur Verfügung.

Warum also heute noch mit Holz brennen?


Interview mit Heidi Kittel:

Heidi Kittel: Warum brennst du mit Holz? Du könntest es doch auch bequemer haben mit z.B. einem Elektroofen.
Norbert Hombergen: Ja, das stimmt. Mit einem Elektroofen könnte ich es viiiel bequemer haben. Glasieren, einräumen, Knöpfchen drücken und Feierabend. Holzbrand machen ist nicht einfach nur „brennen“ – gar kochen sozusagen, sondern viel mehr.
Der Brand selbst ist ein ganz zentrales Gestaltungselement für die Keramik, die ich mache. Schon die Formen der gedrehten Keramik zielen auf den Holzbrand ab. Die Art und Weise der Dekoration, die ich mache, oder die verwendete Tonmasse, sind ganz wichtige Grundlagen für den Holzbrand. Um sich der Qualität historischer Vorbilder anzunähern kann die Brenndauer auf mehrere Tage verlängert werden, oder der Töpfer kann auf eine sehr hohe Endtemperatur gehen, so 1340-1370°C, was natürlich eine besondere Tonmasse erfordert. Ich habe mit sehr aufwändigen Masseproben begonnen.
Gut, aber das überlegt sich ein Keramiker, der mit Strom brennt doch auch. Welchen Ton nehme ich. Welche Glasuren passen zu meinen Formen usw. Auch da ist doch die gebrannte Glasur ein Gestaltungselement. Was ist beim Holz-Brennen so anders?
Im Holzbrand steht die Keramik in direktem Kontakt mit der Flamme. Es entstehen dabei lebendige Glasurverläufe, Anflugverläufe von Holzasche und Färbungen, die immer wieder interessant aussehen. Auf einem Holz-gebrannten Topf ist immer wieder etwas zu entdecken. Der wird einfach nicht langweilig im Gebrauch. Der sieht immer wieder neu aus.
Und auch die (Ton-)Massen reagieren verschieden auf den Holzbrand. Das Ganze vergleiche ich gerne mit einem Blatt im Herbst, das in verschiedenen Farben schimmert.
Die offene Flamme ist also so etwas wie dein Mitarbeiter, der seine eigenen Gestaltungsideen mit einbringt?
Ja, das ist sehr schön ausgedrückt! Es entstehen z.B. Flammenmuster. Durch unterschiedliche Hitzeeinwirkung kann die Glasur auf ein und demselben Gefäß partiell matt und glänzend zugleich erscheinen. Das lässt sich so gut wie kaum beeinflussen. Das ist die Arbeit des Feuers. Die glasierte und auch die unglasierte Gefäßoberfläche verändert sich durch Ascheanflüge und alkalische Dämpfe, welche beim Verbrennen von Holz entstehen und durch den Ofen ziehen. Aus dem Holz in die Gefäßoberfläche. Tatsächlich in die Oberfläche, denn Flugasche und Alkalien gehen eine glasbildende Reaktion mit dem Ton ein und werden eins. Je höher die Temperatur, oder je länger die Brenndauer, desto intensiver wird diese Verbindung. Das alles passiert, ist aber nicht im Detail planbar oder vorhersehbar. So entsteht ein Naturprodukt, das eine Lebendigkeit ausstrahlt, die auch nicht verloren geht.
Welche Glasuren verwendest du für den Holzbrand?
Das ist der zweite Grund, warum ich mit Holz brenne. Ich kann mit dem Holzbrand an ganz alte Keramiktraditionen anknüpfen.

Zunächst einmal an den Salzbrand. Der älteste Holzbrandofen weltweit (Anfang des 13. Jahrhunderts), in dem Salzglasiertes Steinzeug gebrannt worden ist, ist Ende der 1970-er Jahre in Langerwehe entdeckt worden. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass ich, noch bevor das Amt für Bodendenkmalpflege seine Arbeit aufgenommen hatte, die Fundstelle betreten und bestaunen und mir ein paar Souvenirs sichern konnte. Ich bewahre bis heute ein Bruchstück davon wie eine Reliquie auf. Es sind Fingerabdrücke darauf zu erkennen. Also, es liegt an einem bestimmten Platz in der Werkstatt auf einem Regalbrett.

Beim Salzbrand wird während des Brandes zusätzlich Kochsalz eingestreut. Bei Temperaturen über 1200°C reagiert das Salz mit dem Quarz im Ton und schmilzt zu einer hervorragenden Glasur auf den Töpfen aus. Das haben die Töpfer im Mittelalter durch Zufall entdeckt.

Aber auch asiatische traditionelle Glasuren wie Shino, Temmuko, Seladonglasuren sind wunderschöne klassische Glasuren, die bei hohen Temperaturen im Holzofen gebrannt werden. Traditionell, aber zeitlos schön! Diese Glasuren bestehen aus nichts weiter  als gemahlenem Sand (Quarzmehl), Holzasche und Ton. Materialien, die der Töpfer in seiner Umgebung finden kann. Das sind Glasuren, die man selbst zusammenmischt und testet. Nötigenfalls auch ein bisschen hier und da in der Zusammensetzung ändert bis alles passt.
Das ist das Geheimnis und die Kunst bei der Herstellung von Tongefäßen. So arbeitet ein Töpfer, der holzgebrannte Keramik macht. Die Rohstoffe dafür schöpft er in ihrer unveränderten Ursprünglichkeit aus der Erde und der Natur (Holzasche). Sie sind im Rohzustand hochfragil und werden durch das Feuer zum strahlenden Gefäß veredelt.
Soweit ich sehe, machst du also alle Arbeitsgänge (außer Ton ausbuddeln) selbst? Du bist also so etwas wie ein „Vollblut-Handwerker“?
Ja, das trifft es in etwa. Der ganze Zauber, man kann auch die Maloche sagen, fängt schon bei der Tonaufbereitung an. Einen guten Anteil Ton meiner Masse beziehe ich direkt aus einer Tongrube.
Nachdem ich ihn geschlämmt und gesiebt habe, wird er mit meiner aus dem Handel bezogenen Masse gemischt. Diese Mischung habe ich nach meinen Vorstellungen und den technischen Anforderungen designt. Diese Mischung sumpfe ich über ein Jahr und knete sie dann maschinell und manuell. Dann endlich landet sie auf meiner Scheibe und ich kann endlich mit dem Drehen beginnen. Bevor der Tonbatzen überhaupt auf meiner Scheibe landet, ist schon einiges an sorgfältiger Arbeit vorausgegangen. Und ich bin schon sehr vertraut mit ihm geworden.
Wie das Tonaufbereiten und Drehen, so ist auch das Holz-Brennen handwerkliche Arbeit. Wenn ich abends einen Elektroofen anstellen würde, hätte ich das Gefühl, ich habe meine Arbeit nicht zu Ende getan.
Ich lerne auch nach über 150 Bränden immer noch etwas dazu. Jeder Brand ist anders im Brennverlauf und Ergebnis. Es ist niemals selbstverständlich, das der Brand gelingt und die nötige Temperatur erreicht wird. Ich muss immer wieder die Konzentration hochhalten. Jede Ablenkung und die darauffolgende Unaufmerksamkeit kann den Brennverlauf um Stunden verzögern. Der Ofen reagiert nicht mehr so wie er soll, und ich muss mich neu einfinden und orientieren. Das Feuer reagiert dann wie ein Werkzeug, das falsch gehandhabt worden ist. Das Werkstück ist beschädigt.
Das betrifft meinen Ofentyp besonders stark, aber das ist allen Öfen gemein.
(Ob ich tatsächlich die gewünschte und notwendige Temperatur erreiche, und wie der Brand vom Ergebnis her ausfällt, ist durchaus kalkulierbar.) Aber es befinden sich in diesem Prozess auch Unwägbarkeiten, die diese Arbeit spannend, ja, auch bangend und nervenaufreibend machen. Aber die Zufriedenheit und das glückliche Gefühl, die sich bei einem gelungenen Brand einstellen können, bringen mich dazu, mich immer wieder diesen Herausforderungen zu stellen.
Beim Brennen wird das Feuer selber zum Werkzeug, das ich handhabe und beeinflusse. Mit dem Feuer gestalte ich den Brennverlauf. Die Ofenatmosphäre, d.h. der Wechsel von Reduktion und Oxidation muss stimmen, kontinuierlicher Temperaturanstieg ist wünschenswert.
Ich bin dann in engem Kontakt zu den Naturelementen.
Und zu den Menschen, die beim Brand dabei sind, mitmachen, zum Gelingen beitragen und helfen.
Es entsteht immer wieder eine ganz besondere Atmosphäre. Und das möchte ich nicht mehr missen. Das Brennen ist einfach ein Erlebnis besonderer Art.
Für mich heißt Holzbrand: wirklich in Kontakt treten mit dem Material, das Handwerk wirklich ganz durchdringen bis zu Ende. Bis zu dem Punkt, wo der Ofen die höchste Temperatur erreicht hat und ich vermuten kann: der Brand ist gelungen! Sehr spannend die Wartezeit, bis der Ofen abgekühlt ist, geöffnet werden kann und die Ergebnisse begutachtet werden können.
drei verschiedene Tone liegen für Masseproben zum Trocknen aus
drei verschiedene Tone liegen für Masseproben zum Trocknen aus
Bestandteile der Tonmasse
Bestandteile der Tonmasse

kraftvoll geschwungener Henkel mit sandfarbener Ascheanflug-Glasur

Ein Henkel sollte immer so gut am Gefäß befestigt sein, dass er selbst dann haften bleibt, wenn das Gefäß zerbirst. Das wussten schon die Töpfer im Mittelalter.

Der Langerweher leicht eisenhaltige Ton hat einen sehr schönen rehrotbraunen Farbton. Er entsteht im Zusammenspiel mit den alkalischen Dämpfen des Holzfeuers. Die karamelbraune matte Glasur am Henkel zeugt von geschmolzener Flugasche aus dem Feuer. Das Holz von Kiefer und Fichte wurde beim brennen verwendet, das verraten die hellbraunen Glasurpunkte auf der Scherbenoberfläche unter dem Henkel.

Tonsumpf
Tonsumpf
Tonaufbereitung mit Tonschneider
Tonaufbereitung mit Tonschneider